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Home Office: Für mich passt’s nicht, für Dich vielleicht schon

Für Viele mag Home Office funktionieren.

Ich glaube ihnen sogar, wenn sie mir sagen, dass sie dort produktiver sind. Aber so verschieden die Menschen sind, so verschieden sind die Arbeitsmethoden, die ihnen zusagen. Und so sehr ich zeitgemässes Arbeiten schätze: Ich bin nicht der Home-Office-Typ. Unternehmen sollten allerdings darauf vertrauen, dass ihre Mitarbeiter selbst erkennen, mit welchen Methoden sie am produktivsten sind.

«Heute habe ich bei der Arbeit endlich mal wieder was zustande gebracht», schwärmt ein Kollege, «ich war im Home Office!» Ich glaube ihm. Ich glaube auch den vielen Argumenten, die besagen, dass Home Office die Produktivität und Lebensqualität steigert, CO₂ spart etc. Und ich ich bin keinesfalls auf einer Linie mit Marissa Mayers radikalem Entscheid gegen Home Office.

Ich bin trotzdem nicht der Typ dafür

Ich habe selbstverständlich auch all die Tipps gelesen, wie man im Home Office produktiv sein kann, etwa diese hier von Gregor Groß und diese hier von Corinne Dubacher . Sehr gute Ratschläge für alle, die der Home-Office-Typ sind. Bin ich aber nicht. Obwohl die technischen Voraussetzungen da wären und ich perfekt ausgerüstet bin.

Zwar erledige ich auch einen Teil meiner Arbeit von zu Hause aus; zum Beispiel jetzt, während ich diesen Artikel schreibe, sitze ich im Home Office. Aber zum einen braucht bei mir Arbeiten zu Hause deutlich mehr Selbstdisziplin und somit Energie, und zum anderen bin ich während der Arbeit weniger zufrieden. Warum eigentlich? 

1. Der Geräuschpegel muss stimmen

Ich arbeite am besten, wenn im Hintergrund ein gewisser Geräuschpegel herrscht. Wohlgemerkt: Ich wünsche mir jetzt nicht (wieder) eine Baustelle mit Presslufthammergedröhn herbei, und auch die Geräuschkulisse des Hauptbahnhofs Zürich wäre ganz bestimmt im Bereich, in dem meine Produktivität leiden würde.

Auch Musik ist keine Option: Entweder ist es Musik, die ich mag, und dann lenkt sie mich ab. Oder aber es ist nichtssagende Musik, und auf Musik als blosses Hintergrundgedudel bin ich allergisch. Was hingegen ideal ist: Tastengeklapper - bei den heutigen Tastaturen wäre wohl «Tastengetappe» passender -, hin und wieder ein Räuspern, ein paar Wortfetzen, ein spontanes Auflachen. Auch ein (nicht allzu lautes) Café passt gut: Löffel-an-Tassen-Geklirre, Gesprächsfetzen, Stühlerücken...

Ich glaube, der Grund dafür ist ganz einfach: Um in einer solchen Umgebung arbeiten zu können, ist ein bestimmtes Konzentrationslevel notwendig. Wird mir dieses Level nicht durch äussere Umstände aufgezwungen, lasse ich mich durch alles mögliche ablenken - vor allem durch mich selbst. Könnte ich also einfach die Geräuschkulisse eines Büros aus der Konserve laufen lassen? Nein, weil: 

2. Die Sparringpartner müssen physisch in der Nähe sein

Ich habe hier schon erzählt, wie der Austausch bei Blogwerk via Skype funktioniert , und wie praktisch und hilfreich das ist. Trotzdem: Manchmal ist es unabdingbar, dass ich mich schnell mit einem oder zwei Kollegen in die Küche setze und brainstorme. Manchmal möchte ich mich beim Mittagessen mit jemandem unterhalten, aber dafür nicht durch die halbe Stadt fahren und zwei Stunden Arbeit verpassen, weil ich beim Lunch mit einer Freundin die Zeit vergesse. Ich möchte hin und wieder spontan vor mich hinfluchen, und zwar differenzierter als mit einem «Mein Kopf explodiert gleich»-Emoticon, und dafür einen verständnisvollen Blick über den Bildschirmrand hinweg ernten.

Vielleicht könnte die Arbeit in einem Coworking Space eine Lösung für mich sein. Nur sitze ich da unter Umständen mit Menschen in einem Raum, die an komplett anderen Projekten in einer vollständig anderen Welt arbeiten. Der Austausch mit ihnen kann bestimmt auch zu kreativen Ideen führen - s. Punkt 1 in meinem Artikel über die Vorzüge des Nichtwissens - aber ich wünschte mir doch auch einen Sparringpartner, der auf Anhieb versteht, wovon ich rede. 

3. Der Raum schafft, was mein Kopf nicht schafft

Die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit ist bei mir verwischt, und das ist ok so. Seit ich ins Berufsleben eingestiegen bin, stelle ich immer wieder fest, dass diese Lebensweise zu mir passt, und dass ich weder glücklicher noch ausgewogener bin, wenn ich beides scharf trenne.

Und doch gebe ich zu: Ich brauche Elemente, die mich dabei unterstützen, dass die beiden Bereiche «Freizeit» und «Arbeit» zumindest ansatzweise bestehen bleiben. Eins dieser Elemente ist ganz klar der Raum. Die räumliche Distanz, die ich überwinde; der Raum, in dem ich arbeite. Dieser Raum muss nicht immer derselbe sein, aber es hilft, wenn es nicht derselbe ist, in dem ich auch frühstücke.

Jeder muss das Modell finden, mit dem er am produktivsten ist

Der Fall ist klar: Ich arbeite lieber und besser im Büro als im Home Office. Aber auch wenn Home Office für mich persönlich nicht funktioniert, halte ich Initiativen wie den bevorstehenden Schweizer Home Office Day vom 13. Juni (in Deutschland dann im November) für eine unterstützenswerte Sache. Denn es geht doch vor allem darum, dass jedes Unternehmen seinen Mitarbeitern vertrauen sollte: dass nämlich diese für sich diejenige Arbeitsmethode und -umgebung finden und nutzen, in der sowohl ihre Produktivität als auch ihr Wohlbefinden am grössten sind. So profitieren alle Beteiligten.

Vielleicht gelten eines Tages diejenigen Arbeitgeber als ungewöhnlich entgegenkommend, die ihren Mitarbeitern auf Wunsch noch einen Arbeitsplatz und sogar ein Arbeitsgerät zur Verfügung stellen. Ich werde dann wohl zu denen gehören, die einen Antrag darauf stellen.

 

Artikelbild: Jude Lee bei  flickr.com  (CC BY 2.0)

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