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Vertriebscoaching

Bordstein-Konferenzen für Außendienst-Mitarbeiter

Bordstein-Konferenzen sind ein bewährtes Personalentwicklungsinstrument im Außendienst. Mit diesen Coaching-Gesprächen, die Führungskräfte im Vertrieb mit ihren Mitarbeitern vor und nach gemeinsamen Kundenbesuchen führen, lässt sich die Kompetenz des Außendiensts mit System erhöhen.

Ralph Guttenberger ist geschäftsführender Gesellschafter des Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training. Quelle: Die PRofilBerater GmbH

Wie können wir die Kompetenz unserer Vertriebsmitarbeiter erhöhen? Das fragen sich viele Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen über Außendienstmitarbeiter vertreiben. Denn ihre Führungskräfte im Vertrieb können – anders als zum Beispiel Führungskräfte im Fach- und Einzelhandel – ihre Mitarbeiter nicht Tag für Tag live im Kundenkontakt beobachten und ihnen anschließend ein Feedback über ihr Verhalten geben.

Trotzdem ist ein gezieltes Entwickeln der Kompetenz der Verkäufer im Außendienst wichtig. Denn häufig sind sie die zentralen Ansprechpartner für die Kunden. Also hängt der Vertriebserfolg der Unternehmen stark von der Kompetenz ihrer Außendienstmitarbeiter ab.

Ein bewährtes Instrument, um die Kompetenz der Verkäufer mit System zu erhöhen, sind Bordstein-Konferenzen, die Führungskräfte im Vertrieb (oder hiermit beauftragte Coachs oder Berater) vor und nach gemeinsamen Kundenbesuchen mit ihren Mitarbeitern führen, um ihnen ein Feedback zu geben. Diese Coachinggespräche werden Bordstein-Konferenzen genannt, weil sie meist nicht in einem Büroraum, sondern beispielsweise im Auto des Außendienstmitarbeiters oder in einem Café in der Nähe des Kunden stattfinden.

Beim Entwickeln der Kompetenz der Außendienstmitarbeiter mittels Bordstein-Konferenzen gilt es zwischen

  • der Bordstein-Konferenz vor dem Kundenbesuch,
  • dem Kundenbesuch selbst und
  • der Bordstein-Konferenz nach dem Kundenbesuch

zu unterscheiden. 

Die Bordstein-Konferenz vor dem Kundenbesuch

Eine Voraussetzung für einen gemeinsamen Kundenbesuch ist: Der Kunde ist hiermit einverstanden. Also sollte der Außendienstmitarbeiter ihn vorab fragen, ob seine Führungskraft ihn beim (nächsten) Besuch begleiten darf. Diesen Wunsch gilt es zu begründen. Eine Begründung kann sein: „Sehr geehrter Kunde, unser Unternehmen möchte die Qualität seiner Kundenbetreuung kontinuierlich erhöhen. Deshalb würde mich mein Vorgesetzter gerne bei meinem nächsten Besuch bei Ihnen begleiten, um mir danach eine Rückmeldung über die Beratung zu geben. Sind Sie damit einverstanden?“ Die Begründung kann auch lauten: „Sehr geehrter Kunde, Sie sind seit drei Jahren unser Kunde, was auch meinen Chef sehr freut. Deshalb würde er Sie gerne persönlich kennenlernen. Sind Sie damit einverstanden, dass er …?“

Doch Vorsicht! Diese Begründung birgt die Gefahr, dass der Kunde sich im Gespräch auf die Führungskraft konzentriert. Schließlich lautet die offizielle Begründung für deren Präsenz: Die Führungskraft möchte den Kunden kennenlernen. Deshalb empfiehlt es sich in der Regel, die Intention des gemeinsamen Besuchs offen zu benennen. Denn dann ist für den Kunden auch klar, warum sich die Führungskraft im Gespräch weitgehend zurückhält und primär den Prozess beobachtet, obwohl sie die ranghöhere Person ist.

Sagt der Kunde ja, findet vor dem Kundenbesuch die erste Bordsteinkonferenz statt. In dieser geht es primär darum zu checken, ob sich der Außendienstmitarbeiter adäquat auf den Kundenbesuch vorbereitet hat und mit einem klaren Ziel ins Kundengespräch geht. In der Bordstein-Konferenz sollte sich die Führungskraft zunächst die Kundenhistorie schildern lassen – zum Beispiel:

  • Ist der Kunde ein Neu- oder Bestandskunde?
  • Was ist sein Geschäftsfeld?
  • Wie ist seine aktuelle wirtschaftliche Situation? Vor welchen Herausforderungen steht er?
  • Welche Umsätze wurden mit dem Kunden in der Vergangenheit womit erzielt?
  • Welchen (zusätzlichen) Bedarf hat er?
  • Was ist dem Kunden (in der Beziehung zu seinen Lieferanten) besonders wichtig?
  • Was lief in der Vergangenheit bei der Zusammenarbeit (weniger) gut?
  • Welche Funktion hat Gesprächspartner in seiner Organisation? Ist er der alleinige Entscheider?

Dies zu erkunden, ist wichtig, damit die Führungskraft einschätzen kann: Hat sich der Mitarbeiter ausreichend intensiv mit dem Kunden befasst, dass er zum Beispiel eine kundenspezifische Verkaufsargumentation entwickeln kann?

Ist dies besprochen, sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter klären:

  • Welches Ziel möchten Sie im Gespräch erreichen? (Zum Beispiel: „einen Auftrag für ‚…‘ erlangen“. Oder: „die nötigen Infos erhalten, um für den Kunden einen maßgeschneiderten Problemlösungsvorschlag zu erstellen“).
  • Ist es realistisch, dieses Ziel zu erreichen?
  • Welches alternative Ziel verfolgen Sie, wenn sich das gesteckte Ziel im Gespräch als unrealistisch erweist?

Das Ziel dieser Fragen ist es unter anderem zu checken: Gelingt es dem Verkäufer, ein anspruchsvolles und zugleich realistisches Ziel für das Kundengespräch zu formulieren?

Ist dies geklärt, sollte die Führungskraft noch erfragen, wie der Mitarbeiter strategisch und taktisch vorgehen möchte, um das Ziel zu erreichen:

  • Wie bauen Sie das Gespräch auf, um Ihr Ziel zu erreichen?
  • Wie ermitteln Sie den Bedarf des Kunden?
  • Wie ermitteln Sie, was für dessen Kaufentscheidung wirklich relevant ist?
  • Welchen Nutzen hat der Kunde von Ihrem geplanten Lösungsvorschlag? Warum?
  • Welche Einwände könnte der Kunde vorbringen? Wie reagieren Sie darauf?

Gegen Ende der Bordstein-Konferenz sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter ein, zwei Punkte vereinbaren, auf die dieser besonders achten sollte – entweder weil sie für das Unternehmen wichtig sind oder weil sie für die weitere Entwicklung des Verkäufers bedeutsam sind. Mehr als ein, zwei Punkte sollten es nicht sein. Denn sonst konzentriert sich der Verkäufer im Gespräch primär auf seine „Vorgaben“ statt den Kunden.

Am zielführendsten sind Bordstein-Konferenzen, wenn ein Kundenberatungs-Formular existiert, das alle Außendienstmitarbeiter vor jedem Kundenbesuch ausfüllen, um sich hierauf vorzubereiten. Denn dann kann dieses als Grundlage für die Bordstein-Konferenz dienen, und die Führungskraft kann sich, sofern ihr das Formular ausgefüllt zugemailt wird, auf das Gespräch vorbereiten.

Der Kundenbesuch selbst

Beim Kundenbesuch sollte der Außendienstmitarbeiter zunächst seine Begleitperson dem Kunden vorstellen, bevor diese in der Begrüßungsphase selbst einige Worte mit ihm wechselt. Erwähnt werden sollte nochmals, was die Intention des gemeinsamen Kundenbesuchs ist. Sofern die Begleitperson als Führungskraft vorgestellt wurde, sollte sie in den Smalltalk zu Beginn möglichst auch einige positive Worte über ihren Mitarbeiter einfließen lassen – zum Beispiel: „Herr Mayer, ist einer unserer besten und ehrgeizigsten Mitarbeiter. Deshalb ist er an einem Feedback nicht nur von unseren Kunden, sondern auch von mir interessiert. Das gebe ich ihm gerne. Deshalb bin ich heute hier.“ Oder: „Herr Kunde, Sie werden seit zwei Jahren von Herrn Mayer betreut. Er ist einer unserer erfahrensten und kompetentesten Kundenbetreuer. Bei ihm sind Sie in guten Händen.“

Im Kundengespräch selbst muss sich die Führungskraft weitgehend auf die Rolle des Beobachters beschränken. Das fällt vielen Führungskräften schwer – speziell, wenn sie registrieren, dass ihre Mitarbeiter taktische Fehler machen und eventuell gar die Gefahr besteht, dass ihnen ein  Auftrag entgleitet. Dann reißen sie oft das Ruder an sich und übernehmen die Gesprächsführung. Die Folge: Ihr Mitarbeiter steht wie ein dummer Junge da. Und ein Coachen des Mitarbeiters ist eigentlich nicht mehr möglich, weil die Führungskraft weitgehend das Kundengespräch führte.

Entsprechendes gilt, wenn der Kunde, was oft geschieht, die Führungskraft erwartungsvoll anschaut. Dann sollte diese zum Beispiel nachdenklich den Kopf hin- und herwiegend den Blick erwidern und danach zu ihrem Mitarbeiter schauen, so dass für den Kunden klar wird: Das ist mein Gesprächspartner. Ähnliches gilt, wenn der Kunde die Führungskraft direkt anspricht und zum Beispiel fragt: „Wie sehen Sie das?“. Dann muss sie die Kundenfrage zwar beantworten. Keinesfalls darf sie aber ihrem Mitarbeiter widersprechen. Vielmehr muss sie ihn in seiner Argumentation unterstützen. Sie kann ihn aber diplomatisch fragen: „Herr …, was halten Sie von folgender Lösung: …?“ Denn der Mitarbeiter wird den Kunden auch künftig betreuen. Deshalb darf die Führungskraft nicht dessen Position beim Kunden schwächen. Gegen Ende des Gesprächs sollte die Führungskraft sich beim Kunden bedanken, dass dieser den gemeinsamen Kundenbesuch ermöglichte. Außerdem sollte sie zum Abschied noch ein paar warme Worte über den Kunden und ihren Mitarbeiter sagen.

Die Bordstein-Konferenz nach dem Kundenbesuch

Vor Beginn der Bordstein-Konferenz nach dem Kundengespräch sollte sich die Führungskraft vergegenwärtigen, was das Ziel des Coachinggesprächs ist: nicht den Verkäufer „fertig machen“, sondern ihn in seiner Entwicklung fördern. Außerdem sollte sich die Führungskraft in Erinnerung rufen, wer ihr gegenüber sitzt: zum Beispiel ein Junior-Verkäufer mit noch wenig Erfahrung oder ein „alter Hase“ mit jahrzehntelanger Vertriebserfahrung? Oder: ein Verkäufer, der primär im fachlich-analytischen Bereich stark ist oder dessen Stärken primär im Kontaktanbahnen liegen? Das erleichtert es der Führungskraft, ihr Feedback so zu gestalten, dass es personenbezogen, realistisch und aufbauend ist.

Zu Beginn der Bordstein-Konferenz sollte die Führungskraft ihren Mitarbeiter bitten, aus seiner Warte zu schildern, wie das Kundengespräch verlief; des Weiteren was gut und was verbesserungsfähig war. Eine weiterführende Frage ist: „Haben Sie das gesteckte Ziel erreicht. Wenn ja, warum? Wenn nein, warum?“

Danach sollte die Führungskraft dem Mitarbeiter zunächst ein allgemeines Feedback geben, das positiv beginnt: „Sehr gut gefiel mir, dass Sie stets den Blickkontakt mit dem Kunden suchten. Stark war auch, wie Sie auf den Einwand ‚…‘ reagierten.“ Erst danach sollte die Führungskraft das Gespräch zu den weniger guten Punkten überleiten und zwar möglichst unter Bezug auf die Analyse des Mitarbeiters: „Sie sagten, Sie hätten den Eindruck gehabt, dass die Aufmerksamkeit des Kunden erlahmt. Was waren aus Ihrer Warte die Ursachen hierfür?“ Oder: „Wie Sie selbst registrierten, zog das Kaufargument ‚…‘ beim Kunden nicht. Warum?“ Wichtig ist, dass die Führungskraft die Schwachpunkte in Frageform anspricht. Denn das Coaching soll einen Erkenntnis- und Lernprozess beim Mitarbeiter in Gang setzen. Deshalb sollte sich die „kritische Rückmeldung“ der Führungskraft auch auf die zwei, drei zentralen Knackpunkte konzentrieren, die für den nächsten Entwicklungsschritt des Verkäufers von Bedeutung sind. Keinesfalls sollte die Führungskraft, als alter Hase im Vertrieb, zum Beispiel einem Juniorverkäufer geballt alle Punkte um die Ohren hauen, die er noch lernen muss, um ein Top-Verkäufer zu werden. Denn dies würde die Nachwuchskraft frustrieren, was einem zentralen Ziel des Coachings zuwider liefe – nämlich, dass der Verkäufer weiterhin am Ausbau seiner Kompetenz arbeitet.

Hat der Verkäufer die zentralen Lernfelder erkannt, kann die nächste Frage seiner Führungskraft lauten: „Wie können Sie das künftig besser machen?“. Das heißt, nun beginnt die Führungskraft mit dem Verkäufer Maßnah-men zu definieren, die darauf abzielen, dessen Kompetenz und somit Erfolg zu erhöhen. Diese sollten schriftlich fixiert werden.

Ziel: Verkäufer zu Top-Verkäufern entwickeln

Generell gilt für die Bordstein-Konferenzen nach ebenso wie für die Konferenzen vor dem Kundenbesuch: Am effektivsten sind sie, wenn Formblätter existieren, auf denen die Führungskraft und der Verkäufer ihre Beobachtungen und Erkenntnisse notieren können und auf denen die wichtigsten Analysefragen stehen – also zum Beispiel: „Was war (in der Gesprächsphase …) gut – was weniger gut?“ „Was sollte verbessert werden?“ Das erleichtert ihnen die Reflexion. Zudem wird das Coaching-Gespräch strukturierter geführt.

Wichtig ist es bei Bordstein-Konferenzen auch, dass sich Führungskraft und Mitarbeiter vergegenwärtigen: „Spitzenverkäufer fallen nicht vom Himmel. Sie entwickeln sich.“ Deshalb sollten auf den gemeinsamen Kundenbesuch weitere folgen, bei denen gecheckt wird, wie sich die Kompetenz des Verkäufers entwickelt hat und die nächsten Entwicklungsschritte mit ihm vereinbart werden.

Zum Autor: Ralph Guttenberger ist geschäftsführender Gesellschafter des Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training, Böbingen, das firmeninterne Seminare zum Thema Bordstein-Konferenz durchführt. Ab 2014 bietet Kaltenbach Training auch offene Seminare zum Thema an (Email: info@kaltenbach-training.de; Internet: ).

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