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Zitate und Fußnoten: Vom richtigen Umgang mit wissenschaftlichen Quellen

[Encyclopedic manuscript containing allegorical and medical drawings], Library of Congress, Rosenwald 4, Bl. 5r

Zur wissenschaftlichen Arbeit gehört, dass sie stets auf dem Werk anderer aufbaut. Dabei ist es unumgänglich, kenntlich zu machen, was man bei anderen gefunden hat und worin die eigene Leistung besteht. Eine Anleitung.

Zitate und Quellenangaben sind nicht bloß gelehrter Zierrat. Was denen passiert, die bei dieser Abgrenzung absichtlich oder unabsichtlich allzu schludrig vorgehen, zeigen mehrere aktuelle Beispiele. Quellenangaben sind ein zentraler Bestandteil wissenschaftlicher Fairness, ohne die letzten Endes keine Forschung, wie wir sie kennen, möglich wäre. Doch wie bewerkstelligt man diese Unterscheidung zwischen dem Bezug auf das Werk anderer und der eigenen Leistung in der Praxis?

Wissenschaftliche Zitate sind unentbehrlich

Seit dem Mittelalter gibt es das Diktum von Wissenschaftlern als «Zwergen auf den Schultern von Giganten»: Idealerweise beantwortet eine wissenschaftliche Arbeit eine bisher nicht geklärte Frage. Allein schon, um ihr Terrain abzustecken und frühere Forschung nicht zu wiederholen, muss sie sich auf andere Arbeiten beziehen. Das muss sie erst recht, wenn sie die Positionen anderer Forscher widerlegt, kritisiert, relativiert, als Beleg anführt, bestätigt oder augmentiert. Ein neuer Beitrag zur Forschungsdiskussion wird von einer studentischen Arbeit noch nicht erwartet, sehr wohl jedoch das korrekte Bezugnehmen auf die Giganten, auf deren Schultern man steht. Und wie Otto Kruse in seinem Buch Keine Angst vor dem leeren Blatt (1994, S. 88-90) ausführt, darf und soll auch eine studentische Arbeit durchaus zu einem eigenen Urteil, einer eigenen Position bezüglich ihrer Fragestellung gelangen. Auch wenn viele Studenten in ihrer Arbeit vorrangig ein Mittel sehen, einen Schein zu bekommen, dient die Seminararbeit eigentlich dem Einüben der wissenschaftlichen Praxis – und was ist Wissenschaft, wenn sie keine eigene Position vertritt?

Zitat und Urheberrecht

Neben Fragen der Wissenschaftlichkeit ist das korrekte Zitieren rechtlich relevant. Das Zitatrecht ist im deutschen Urheberrecht durch eine Schrankenbestimmung (§51 UrhG) geregelt; diese verlangt, dass das zitierende Werk eine eigene Schöpfungshöhe aufzuweisen hat (d.h. über das reine Zitieren hinaus eine eigenständige kreative oder wissenschaftliche Leistung darstellt). Im wissenschaftlichen Zusammenhang ist es auch aus rechtlichen Gründen wichtig, Zitate als solche zu kennzeichnen und die Quelle anzuführen: Wer fremde Werke als eigene ausgibt, kann zivil- und strafrechtlich belangt werden.

Wie muss ein korrektes Zitat aussehen?

Die Bezugnahme auf einen wissenschaftlichen Text kann in zwei verschiedenen Formen stattfinden: im wörtlichen Zitat oder als indirektes Zitat, d.h. in Form einer Paraphrase. Egal, ob man wörtlich oder indirekt zitiert, die exakte Fundstelle muss stets angegeben werden, im Regelfall in Form der Seitenzahl.

Das wörtliche Zitat muss als solches gekennzeichnet werden. In der Regel geschieht das durch doppelte Anführungszeichen, Anführungszeichen innerhalb des Zitats werden durch einfache Anführungszeichen wiedergegeben. Ein längeres Zitat (ab drei Zeilen Länge) kann durch Einrücken vom Fließtext abgehoben werden. Eine eigene Formatvorlage für Zitate in der Textverarbeitung hat sich bei mir bewährt.

«sic!» & Co.: Was bei Zitaten erlaubt ist

Darüber hinaus erfordern wörtliche Zitate in den folgenden Punkten besondere Sorgfalt:

  • Grundsätzlich muss ein wörtliches Zitat zeichengenau sein. Sogar Rechtschreibfehler müssen übernommen werden, hier darf ein «(sic!)» oder auch [!] darauf hinweisen, dass man sich nicht beim Abschreiben vertippt hat, sondern der Fehler im Original so steht.
  • Bei Hervorhebungen muss geklärt werden, von wem sie stammen. Das bewerkstelligt man üblicherweise, indem man am Ende des Zitats in Klammern anmerkt: «Kursiv im Original» oder «Hervorhebungen durch den Verfasser».
  • Auslassung sind durch Auslassungspunkte in eckigen Klammern kenntlich zu machen. Fehlen die Klammern, suggeriert dies, dass die Auslassungspunkte im Original stehen.
  • Änderungen, z.B. Anpassungen des Kasus, von Groß & Kleinschreibung, damit ein wörtliches Zitat in den Kontext passt, müssen ebenfalls in eckige Klammern gesetzt werden.
  • Manchmal geht Information verloren, die für das Verständnis notwendig wäre, wenn man das Zitat aus seinem größeren Zusammenhang nimmt. Klärende Einfügungen dürfen in eckigen Klammern dazu gesetzt werden.

Zitate müssen nicht immer wörtlich sein: Die Paraphrase ist ein legitimes Mittel, Meinungen anderer wiederzugeben. Die Technik des Exzerpierens war bereits letzten Juli Thema bei imgriff. In gleicher Weise wie beim wörtlichen Zitat muss deutlich werden, dass es sich um eine Aussage aus einem fremden Text handelt, die Unterscheidung zwischen dem Zitat und eigenen Gedanken muss deutlich werden.

Unmittelbar und zweckentsprechend

Zitate müssen, darauf weist Georg Bangen in seinem zum Standard gewordenen Werk «Die schriftliche Form germanistischer Arbeiten» (Bangen 1981, S. 13) hin, nicht nur genau, sondern auch unmittelbar und zweckentsprechend sein. Unmittelbarkeit bedeutet, dass ein Zitat möglichst direkt von seiner ersten Quelle entnommen wird, nicht aus einem Werk, das es selbst nur als Zitat anführt. Wer in einer wissenschaftlichen Arbeit Goethes Faust zitiert, sollte das nicht aus einem Aufsatz über Faust tun, sondern nach Möglichkeit aus der Goethe-Gesamtausgabe.

Zweckentsprechend bedeutet: Das Zitat sollte eine Aussage des Verfassers illustrieren – und es kann dementsprechend gekürzt werden, wenn z.B. ein Nebensatz entfallen kann, ohne den Sinn zu entstellen; es muss allerdings noch lang genug bleiben, um zu das zu verdeutlichen, was man damit sagen möchte.

Wo gehören die Quellenhinweise hin?

Otto Kruse nennt zwei Methoden, Quellenangaben in den Text zu integrieren:

  • Kurzbeleg (Autor Jahreszahl, Seitenzahl), wie in diesem Text praktiziert – auch bekannt als Harvard Style; diese Methode ist v.a. in den Sozialwissenschaften üblich geworden (Kruse 1994, S. 88);
  • Anmerkung (Quellenhinweise in Fuß- oder Endnoten); auch als Chicago Style bezeichnet; dies ist das gängige Zitierverfahren z.B. in philologischen Fächern.

Wie muss eine Literaturangabe aussehen?

Dazu gibt es in Deutschland eine eigene Norm: DIN 1505-02 regelt die Gestalt von Literaturangaben in wissenschaftlichen Texten. Je nach Medium und Publikationsform sind die erforderlichen Angaben andere; bei Monographien etwa ist das Schema «Nachname, Vorname: Titel. Untertitel. Ort, Erscheinungsjahr.» zur Norm geworden. Bei Filmen hingegen findet man oft nur «Titel (Land Erscheinungsjahr)». Bei einem Zeitschriftenartikel wiederum ist das Schema «Nachname, Vorname: Titel. In: Zeitschrift , Nummer oder Jahrgang (Jahr), Seitenzahlen von-bis.» gängig (siehe Bangen 1981, S. 65/66).

In puncto Zitierweise hat jedes Fach eigene Gepflogenheiten, die zusätzlich von Land zu Land und u.U. von Institution, von Zeitschrift zu Zeitschrift variieren; Einführungsliteratur zum jeweiligen Studiengang gibt über Standards Auskunft. Die Faustregel ist: Literaturangaben sollen so gestaltet sein, dass man nach ihnen das jeweilige Werk beschaffen kann.

Ein konsistentes Schema

Egal, ob man nach dem Harvard Style oder nach dem Chicago Style zitiert, ob man sich nach der Zitierrichtlinie des Deutschen Ärzteblatts oder der Modern Language Association richtet: ein konsistentes Schema muss angewendet werden. Es geht also nicht, einmal die Quellenangabe nach Harvard Style in den Fließtext zu setzen und ein andermal in eine Fußnote. Beherzigt man diese Prinzipien, sind die formalen Stolpersteine in wissenschaftlichen Arbeiten aus dem Weg geräumt.

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