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Apple iPad: Noch kein echtes Arbeitsgerät

Das Tippen ist ist auf dem iPad kein Vergnügen

Apples iPad ist für den Medienkonsum konzipiert. Aber schon zum Erscheinen des iPads gibt es Software für Produktivität. Kann man mit dem iPad wirklich arbeiten?

Wer Apples iPad zum ersten Mal in der Hand hält, denkt garantiert nicht ans Arbeiten. Zu verlockend sind all die schönen Unterhaltungsapps. Nach den ersten Erfahrungen mit dem schicken Gerät kommt aber bald mal der Gedanke auf: Könnte man damit seinen klobigen Laptop ersetzen? Unser Test zeigt: Nur sehr bedingt.

Tablet PCs haben eine lange und unerfreuliche Geschichte. Schon seit den frühen 90er Jahren versuchten PC-Hersteller und Microsoft wiederholt, diesen Formfaktor in den Markt zu drücken.

Schliesslich schien die Idee eines PCs im flachen Tablet-Format, steuerbar mit einem Stift oder einem Touchscreen, geradezu ideal für kreatives Arbeiten.

Bisher konnten sich aber nur einige Nischenbereiche mit dem Tablet-Format anfreunden. Einen Versicherungsvertreter erwischt man eher mit einem Tablet-PC als einen Kreativen. Das lag vor allem an der Software, die auf Windows-basierten Tablets klobig und nicht auf das Format optimiert wirkt.

Apple will das mit dem iPad ändern.

Erstmals wurde ein Betriebssystem aus dem Smartphonebereich für so ein Tablet auffrisiert und nicht eins vom Desktop heruntergeschrumpft. Das bringt viele Vorteile, beispielsweise das Vermeiden von unnötigem Overhead. Und die Benutzeroberfläche wurde von Anfang an für Touchscreens gebaut, nicht für Tastatur und Maus.

Gleich von Beginn weg signalisiert Apple mit der Verfügbarkeit der vom Mac bekannten iWork-Suite, dass man das iPad durchaus als ernsthaftes Arbeitsgerät verstanden wissen will. Mit Pages für die Textverarbeitung, Numbers für die Tabellenkalkulation und Keynote für Präsentationen bietet Apple schon einen anständigen Funktionsumfang. Freilich kostet jede dieser Anwendungen 9.99 Dollar, was aber im Vergleich mit den Desktop-Äquivalenten vernünftig ist.

Auch andere Hersteller sind vom Start weg mit dabei: Adobe bietet mit der Skizzensoftware "Ideas" etwas für zeichnerisch Begabte. Blogger werden sich über die iPad-Variante der Editor-App von WordPress freuen. Daten können mit Bento verwaltet werden, Diagramme mit OmniGraffle erstellt werden (falls man bereit ist, 50 Dollar dafür auszugeben). Und auch Evernote hat seine App bereits fürs iPad aufbereitet.

Auf dem iPad steht also bereits eine durchaus ansehnliche Palette an Produktivitätstools zur Verfügung. Natürlich gibt es wie beim iPhone einen eingebauten e-Mail-Client, Kalender, Kontaktverwaltung und Notizblock.

Was will man mehr? Nun, zum Beispiel etwas mehr Reife. Die Apps der ersten Stunde wirken alle noch etwas gar frisch, um nicht zu sagen: Mit der heissen Nadel gestrickt. So kann man etwa mit der WordPress-App sein Blog passabel verwalten, aber der Texteditor kann kein WYSIWYG.

Von Hand HTML zu coden, wirkt dann auf so einem modernen Gerät schon wie ein arger Anachronismus.

Die iPad-Version von Evernote sieht passabel aus, wenn auch noch lange nicht so sexy wie Apples eigene Apps. Nur schaffte es das Programm im Test selten länger als drei Minuten ohne Absturz. So will man dann doch lieber nicht arbeiten.

Stabilität ist genell noch ein echtes Problem. Auch Apples eigene iWork-Apps verabschiedeten sich oft ohne Warnung. Zwar wird das nach einem Reset des Geräts -- wie vom iPhone her bekannt -- für einige Zeit etwas besser, aber die Verlässlichkeit der meisten Mac-Anwendungen kann das iPad noch lange nicht bieten.

Apples iWork-Suite ist ein sehr zwiespältiges Erlebnis. Einerseits sind Pages, Numbers und Keynote exzellent gestaltete Apps mit wirklich gelungenem UI. Diese Programme zeigen, welches Potential für intuitives Arbeiten im iPad grundsätzlich steckt. Noch ist die Funktionalität aber selbst für einfache Bedürfnisse oft zu begrenzt. Pages etwa bietet zwar ansehnliche Layout-Möglichkeiten, verfügt aber nicht über Funktionalitäten wie Fussnoten, Änderungsverfolgung, Inhaltsverzeichnisse und dergleichen. Schön ist immerhin der Quermodus von Pages: Wenn das iPad in die Horizontale gedreht wird, verschwinden alle Bedienungselemente, und man kann sich Zen-mässig ganz dem Schreiben widmen.

Sehr schön gemacht ist auch Keynote, und man staunt, welche knackigen 3D-Effekte das kleine Tablet völlig flüssig hinkriegt. Objekte zu platzieren macht Spass, weil man einfach mit dem Finger alles zurechtrücken kann. Und Keynote funktioniert sogar für das Präsentieren an externen Bildschirmen oder Projektoren, vorausgesetzt, man kauft den VGA-Adapter für weitere 30 Dollar.

Im Prinzip kann Keynote Präsentation von der Mac-Version des Programms sowie auch PowerPoint-Dateien importieren, aber es gibt Grenzen. Komplexe Animationen und eingebundene Videos werden oft verschluckt. Einfachere Präsentationen kommen auf dem iPad aber meistens reibungslos an.

Das iPad hat kein für den User sichtbares Filesystem. Vielmehr verwaltet jede App ihre Dateien selbst. So muss man beispielsweise erst Pages öffnen, um seine Texte sehen zu können. Nicht weiter schlimm, aber es gibt keine vernünftige Methode, zusammengehörige Dokumente in Foldern zu organisieren.

Überhaupt ist das Filehandling eine mittlere Katastrophe. Gern würde man das iPad als mobile Editierstation für unterwegs einesetzen. Nur wird einem das dadurch vermiest, dass man Dateien mühsam manuell über iTunes vom Mac oder PC auf das Tablet-Gerät spielen und wieder runterziehen muss. Schneller geht es, wenn man sich die Dateien selbst mailt, aber gerade elegant ist das auch nicht. Automatisch kann sich das iPad mit Dateien auf dem PC/Mac nicht synchronisieren.

Wer Content produziert, braucht eine Tastatur. Auf dem iPad gibt es eine Bildschirmtastatur, die der des iPhone nicht unähnlich ist. Tippen geht vergleichsweise flott, aber das Zehnfingersystem kann man vergessen. Mit zwei Fingern und Hinsehen erreicht man aber mit etwas Übung eine gute Geschwindigkeit. Ärgerlicherweise sind Umlaute und andere Sonderzeichen nicht auf dem obersten Tastaturlevel verfügbar. Umlaute generiert man dadurch, dass man etwas länger auf a, o oder u bleibt. Eine passable Lösung, die aber den Schreibfluss doch arg stört.

Wer das iPad wirklich für Inhaltserstellung nutzt, wird darum schnell zu externen Tastaturen greifen. Apple bietet ein Tastaturdock speziell fürs iPad an, und auch jede Bluetooth-Tastatur von Apple funktioniert problemlos. Leider sind nicht alle bekannten Tastenkürzel einsetzbar. Copy und Paste mit Command-C und -V geht, aber auf Fett oder Kursiv umzustellen ist beispielsweise in Pages mit der Tastatur nicht möglich. Immerhin kann man den Cursor aber recht flott bewegen, so dass das Schreiberlebnis mit einer Hardwaretastatur recht angenehm ausfällt. Während Schreiben in Ordnung geht, ist das Editieren von Texten ziemlich nervig. Oft zwischen Tastatur und Touchscreen zu wechseln ist viel umständlicher als die traditionelle Bedienung mit einer Maus.

Ansonsten: Die eingebauten Apps für e-Mail, Kalender und Kontakte gehen in Ordnung, aber sind nicht begeisternd. Daten und Adressen lassen sich von Onlinediensten wie Mobile Me oder Gmail drahtlos synchronisieren, genau wie beim iPhone. Der e-Mail-Client bietet bisher noch keine vereinigte Inbox für mehrere Accounts. Das wird erst im Herbst mit dem neuen iPhone OS 4.0 möglich sein. Aber die Grundfunktionalitäten funktionieren alle soweit recht robust.

Ist das iPad ein Ersatz für einen Laptop? Ganz klar: Im heutigen Zustand bei weitem nicht. Die Applikationen sind noch klar zu unreif und limitiert. Und viele fortgeschrittene Anwendungsbereiche wie Bildbearbeitung oder Videoschnitt werden durch das iPad heute noch gar nicht abgedeckt, und das wird angesichts der recht limitierten Hardware wohl auch so bleiben.

Vorstellen kann man sich hingegen gut, das iPad statt einem Laptop ins Wochenende oder in den Urlaub mitzunehmen. Auch als unaufdringliches, problemloses Gerät für das Draften von Textentwürfen oder Präsentationen kann das Tablet gut funktionieren. Dieser Text ist zum Beispiel komplett auf dem iPad in Pages entstanden. Aber einen komplexen Blogartikel mit Fotostrecken und vielen Links würde man auf dem Gerät nicht oder zumindest nicht ohne Nervenzusammenbruch hinkriegen.

Man sieht bei der Benutzung des iPads an allen Ecken und Enden viel Potential für die Zukunft. Produktiv zu sein mit diesem einfachen und intuitiv zu bedienenden Gerät macht jetzt schon Spass. Und die zu erwartenden Apps werden dem kleinen Tablet in der nahen Zukunft wohl ganz neue Kräfte verleihen. Aber im Moment ist es ganz klar ein 1.0-Produkt, das noch deutlich reifen muss.

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